von M.L.G.
Der Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich vor 80 Jahren, im März 1938, lässt uns ein wenig über jene auch für die Schweiz bedrohliche Zeit nachdenken. Vor allem verdienen es die vielen aktiven Gegner des NS – Regimes, an sie zu erinnern.
Aus ihnen sind zwischenzeitlich seliggesprochene Märtyrer hervorgegangen, wie Dr. Carl Lampert (Provikar in Vorarlberg – Innsbruck), die Tiroler Jakob Gapp (Marinist) und Otto Neururer (Pfarrer), sowie Sr. Maria Restituta Kafka (Franziskanerin in Wien).
Aufnahme in Ennenda, GL
Eine weitere besondere Persönlichkeit in dieser bedrängten Zeit ist Johannes Messner, Priester und international anerkannter Wissenschaftler, Herausgeber und Redaktor der Zeitschriften Das Neue Reich und Schönere Zukunft, der wegen seiner vielen Anti- NS-Artikel und im Hinblick auf sein Dollfuss-Buch bedroht wurde. Die Wiener Lehrkanzlei wurde ihm entzogen. Messner entschloss sich zur Emigration vor allem deshalb, weil er sich bewusst war (mit vollem Recht), dass er eine Haft nicht überleben würde. Im letzten Moment vor seiner Verhaftung gelang ihm die Flucht in die Schweiz.
Als die Gestapo vor 80 Jahren am 26. Juli 1938 am Elternhaus seiner Heimatstadt Schwaz (Tirol) anklopfte, war Prof. Messner bereits mit zwei Freunden, die ihn begleiteten, unterwegs in die Schweiz. Kurz zuvor, am 20. Juli, war der ebenso sozialengagierte St. Galler Bischof Dr. Alois Scheiwiler, gestorben, mit dem Prof. Messner befreundet war, und bei dem er sich Aufnahme erhofft hatte. Schließlich fand der prominente Flüchtling wohlwollende Unterkunft bei Isidor Meyer, einem einfachen Mann, der eine Milchzentrale in Ennenda (GL) führte. Ein Mitarbeiter des Flüchtlingskomitees in London, E. Quinn, sorgte sich dann um die Aufnahme Prof. Messners in dem von John Henry Newman gegründeten Oratorium in Birmingham. So verließ er am 12. Oktober 1938 wieder die Schweiz.
Verfechter des Naturrechtes
In England fand Johannes Messner fruchtbaren Boden, auf dem seine großen Hauptwerke Das Naturrecht und Die Kulturethik entstehen konnten. Messner sah das Naturrecht als unüberwindbar an. Deshalb antwortete er später auf die Frage, ob ihm die zunehmende Skepsis gegenüber dem Naturrecht Sorge bereite: „Nicht wirklich, denn mehr denn je ist heute, wenn auch für manche das Wort „Naturrecht“ als ein Tabu gilt, die Rede von der Würde der menschlichen Person, den Menschenrechten, von einer menschlicheren Welt. Das Naturrecht fragt nach dem Naturrichtigen. Es geht dabei von der Tatsache aus, dass der Mensch seinem dauernden Interesse, seinem Glaubensstreben, nicht mit beliebigen Wertzielen dienen kann, sondern, dass ihm durch seine Natur Werte vorgegeben sind, die ihm den Weg zur vollmenschlichen Existenz in der Gesellschaft weisen, und dass ihn seine Natur gegen ihre Vergewaltigung durch gesellschaftliches Unrecht sich durchzusetzen drängt.“ (Die Furche, 27.2.1971, S. 11)
Ab dem Wintersemester 1949/50 hielt er wieder Vorlesungen in Wien, wobei er jährlich für einen längeren Aufenthalt zu Forschungszwecken nach England zurückkehrte. Er starb in Wien am 12. Februar 1984. Als Wissenschaftler blieb Johannes Messner immer zuerst Priester. Das spürten besonders die jungen Leute. Er verstand es, ihnen mit einem gelebten Glauben und mit seiner tiefen Lebensweisheit ein Vorbild zu sein.
Aus: Katholische Wochenzeitung, Baden AG, 3/2018, 10.