Wie sterben? Assistierter Suizid versus Begleitung bis zum natürlichen Ende

von Dr. Maria Raphaela Hölscher:

Im September 2025 erreichte die Öffentlichkeit die Nachricht, dass ein bekannter österreichischer Journalist, Buchautor und  Kolumnist verstorben ist, im November 2025 wurde die Öffentlichkeit mit der Nachricht überrascht, dass ein berühmtes deutsches Zwillingspaar gemeinsam verstorben sei.

Es wurde bekannt, dass alle drei Persönlichkeiten durch assistierten Suizid verstorben sind.

Beide Situationen wurden medienwirksam verbreitet mit Berichten und Interviews, es folgten Talkshows, Meinungsumfragen etc.

In einer katholischen Pfarrei gestaltete eine Seniorengruppe eine Informationsveranstaltung zu den rechtlichen Voraussetzungen für einen assistierten Suizid mit etlichen zustimmenden  Rückmeldungen der Teilnehmenden – jedoch auch von wenigen eine grosse Betroffenheit über die Möglichkeit der freien Selbstbestimmung,

anscheinend weit entfernt von der Überzeugung, dass der Mensch in schwerer Zeit auch menschlich von Liebe, Zuwendung und guter ärztlicher Betreuung umgeben sein sollte – das Leben in Gottes Hand liegt.

Was ist gesellschaftlich im Gange –

wird gerade für einen assistierten Suizid geworben? Ist es letztlich ein Ausdruck von Verzweiflung und Angst vor dem Sterben?

Die deutsche Caritaspräsidentin Eva Welskop-Deffaa bemerkte, die mediale Darstellung der Selbsttötung der Zwillinge sei vielfach „sehr positiv und romantisierend“ erfolgt.[1]

Sie kritisierte, dass in der Berichterstattung vor allem der Wunsch betont wurde, „vereint“ zu sterben, um nicht „ins Heim“ zu müssen, und die Selbsttötung als „souveräne Entscheidung starker Frauen“ beschrieben wurde. Dagegen werde kaum hinterfragt, „inwieweit er als Ausdruck von Ausweglosigkeit und Verzweiflung zu werten ist, gegen die das soziale Umfeld hätte etwas tun können.“

Sie beobachtet einen wachsenden gesellschaftlichen Druck, insbesondere auf ältere Frauen. Viele fühlten sich fälschlicherweise in der Verantwortung, niemandem zur Last fallen zu wollen. Angebote von begleiteten Selbsttötungen würden in diesem Kontext als „notwendige Handlungsoption“ wahrgenommen.

Jedes Mal, wenn bekannte Personen sich das Leben nehmen und darüber breit in der Presse berichtet wird, gibt es einen messbaren Anstieg von Suiziden“, berichtete Welskop-Deffaa.

Der ernannte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl hat beim Allerseelen-Gottesdienst im November 2025 im Wiener Stephansdom dazu aufgerufen, mehr für eine „würdevolle Begleitung bis zum letzten Atemzug“ zu tun. Angesichts einer alternden Gesellschaft und der gesetzlich eröffneten Möglichkeit eines assistierten Suizids gelte es, Pflege, Palliativversorgung und Hospize auszubauen. „Gutes Sterben ermöglichen, Schmerzen und andere Symptome lindern und eine würdevolle Begleitung bis zum letzten Atemzug ermöglichen, darum geht es“.

Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, „ein friedliches, würdevolles Sterben sei nur mit dem assistierten Suizid möglich“. Auch wenn es ihm nicht zustehe und fern liege, über Menschen zu urteilen, die sich für den assistierten Suizid entscheiden, so mache ihn doch „betroffen und traurig, dass es in unserer Gesellschaft soweit kommt, dass Menschen in Extremsituationen nur mehr diesen Ausweg sehen“. Angesichts dessen frage er sich: „Unternehmen wir alles Menschenmögliche, damit Schwerkranke und Sterbende bis zuletzt schmerzfrei und würdevoll leben und gut begleitet sterben können?“[2]

Angehörige und Freunde berichten vielfach von einer würdevollen Begleitung bis zum natürlichen Tod, die die letzte Lebensphase eines Menschen zu einem besonderen Erlebnis gemacht hat – trotz der herausfordernden Situation.

Eine gute Betreuung seitens der Ärzte (Schmerztherapie) und Pflegenden sowie der Einsatz von Ehrenamtlichen im Rahmen einer stationären oder ambulanten Betreuung haben maßgeblich zu dieser Erfahrung beigetragen.

Die Autorin hat das Beschriebene selbst vielfach in der Hospizarbeit im Krankenhaus erlebt, hoffen wir, dass vielen anderen es auch ermöglicht werden kann.


[1] https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2025-11/deutschland-caritas-furcht-kessler-zwilling-anstieg-suizid-not.html?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=NewsletterVN-DE[19.11.2025]

[2]

In:  https://www.erzdioezese-wien.at/site/home/nachrichten/article/133582.html [7.11.2025]

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