Johannes Messner ein Wegbereiter des Nationalsozialismus?  – Eine Frage nach Wahrheit

Dr. Maria Raphaela Hölscher

In „Naturrecht und Gesellschaft“ erschien  in der Ausgabe Oktober 2024 ein Beitrag von Dr. phil.  Erik S. Kroiher MA „Kritische Reflexion – oder vom politischen Missbrauch der Forschung: pseudowissenschaftliche Politjustiz am Beispiel des Johannes Messner“. [1]

Als ein Beitrag zur Widerlegung der von der Universität Wien veröffentlichten Behauptungen zur Person und Position von Prälat Prof. Dr. Dr. Johannes Messner[2] wird  in der vorliegenden Ausgabe nochmals auf wesentliche Aussagen Kroihers sowie auf folgenden Artikel verwiesen:

Dr. Helmut Wohnout

„Eine berufsständische Ordnung mit demokratischen Einschlag?“,

in: „Österreich – was sonst?“ Ernst Bruckmüller zum 70. Geburtstag, Hrsg. Hannes Steckl, Christine Gruber, Hans Peter Hye, Peter Urbanitsch, Austriaca Schriftenreihe des Instituts für Österreichkunde, new academic press, Wien 2015, 207-230.

Aus der ausführlichen Analyse der Tätigkeit und Bedeutung Johannes Messners in der Zeit von 1936-1938 an dieser Stelle einige Aussagen aus diesem Artikel:

Johannes Messner war in der katholischen Publizistik seit den 1920er Jahren eine anerkannte Größe, ohne als Wissenschaftler je selbst in der Politik aktiv geworden zu sein.

1933 erschien seine umfangreiche Studie Die soziale Frage der Gegenwart [3], in der er der Tradition kirchlicher Lehrschreiben folgend sowohl an Kapitalismus wie Sozialismus Kritik übte und die christliche Sozialreform als Lösungsansatz der sozialen Frage der Gegenwart gegenüberstellte.

Doch beschränkte er sich darin – auch das war charakteristisch für die katholische Sozialdoktrin – auf eher allgemein gehaltene Hinweise für die Gestaltung von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat, basierend auf seinem vom christlichen Naturrecht geprägten Menschenbild. Was den konkreten Staatsumbau betraf, beließ er es, wenn überhaupt bei Andeutungen.

Messner gehörte nicht zur Gruppe jener, die an der Erarbeitung der Verfassung in den ersten Monaten des Jahres 1934 beteiligt waren. Seine Rolle bei der Ausarbeitung der Verfassung wurde gelegentlich überschätzt. Dies war wohl auch eine Folge des Umstandes, dass Messner nur wenige Monate nach dem Tod des Kanzlers eine noch 1934 herausgekommene erste Dollfuß-Biografie verfasste. Diese Tatsache mag mit dazu beigetragen haben, ihn in ein persönliches Naheverhältnis zum Kanzler zu rücken, das so nicht existiert hat.[4]

Weiter ist es eine Tatsache, dass sich Messner, in der von ihm 1936 gegründeten „Monatsschrift für Kultur und Politik“ Für eine Demokratisierung des autoritären Regimes in Österreich eingesetzt hat.[5]

Ebenso stellt Kroiher in dem oben genannten Artikel fest, dass der Verweis auf Johannes Messner in der „List of Shame“ wohl auch deswegen aufgenommen wurde, weil er dieses Werk über den im Juli 1934 von Nationalsozialisten ermordeten Bundeskanzler Dollfuss verfasst hatte[6].

Die Behauptung, dass sich Messner in diesem Buch einer Semantik bedient hätte,  „die sich nicht allzu sehr vom Führerkult in NS-Deutschland unterschied.“[7] wäre – wie auch der ideologische Begriff des „Austrofaschismus“ – wohl politisch-polemisch, aber nicht wissenschaftlich nachvollziehbar, so Kroiher.

Nach der Besetzung Österreichs im März 1938 flüchtete Messner bis zum Ende des Weltkrieges nach Großbritannien, wo er wissenschaftlich und seelsorglich tätig war.

Messner konnte dem Nationalsozialismus in keiner Facette irgendetwas abgewinnen – und genauso verhielt es sich umgekehrt: Messner zählte von Anfang an zu den Verfemten und Verfolgten des Regimes. In der Gauakte vom 15. Juni 1940 heißt es:

Obgenannter ist auf Grund der Verordnung zur Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums unter Aberkennung des Ruhegenusses entlassen worden. – Er war ein klerikaler Feind der Bewegung und stand im lebhaftesten Verkehr mit Innitzer und Waitz. Als Universitätsprofessor lehrte er auch u.a. christliche Sozialwissenschaft an der theologischen Fakultät. M e s s n e r ist politisch untragbar.[8]

Mit sofortiger Wirkung war Messner bereits im September 1938 aus seinem Dienstverhältnis an der Theologischen Fakultät der Universität Wien auf Betreiben der NS-Gauleitung Wien entlassen worden.[9] Der Ruhegenuss wurde ihm mit Wirksamkeit vom 21. März 1938 aberkannt.[10] In Messners Gestapo-Akt heißt es als Begründung, er war Mitglied der vaterländischen Front und

hat nur christlichen und legitimistischen Vereinen angehört. … Hat in der illegalen Zeit nur mit Schwarzen verkehrt unter anderem mit Innitzer und Bischof Waitz. Genannter ist politisch gänzlich unverlässlich. (…) Gegen seine weitere Verwendung bestehen in politischer Hinsicht zweifellos schwere Bedenken.[11]

An weiterer Stelle in Messners Gestapo-Akt wird auf dessen Arbeit als Wissenschaftler und unmissverständlich auf die politische Deutung seines Wirkens eingegangen.

Nach Österreich kehrte er erst wieder nach Kriegsende zurück. Der Grund, warum Messner nicht sofort nach Österreich zog, lag im Übrigen in keiner Weise darin begründet, dass man ihn aus politischen Gründen nicht (mehr) schätzte, sondern ausschließlich daran, dass Messner an seinem Standardwerk über das Naturrecht arbeitete und dieses im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in Großbritannien fertigstellen wollte, wie auch aus seinem Personalakt im Bundesministerium für Wissenschaft unmissverständlich hervorgeht.[12]

Resümierend stellt Kroiher fest:

Messner also eine Unterstützung von oder gar Mittäterschaft an faschistischen oder nationalsozialistischen Umtrieben oder ähnliches während des Naziregimes vorzuwerfen, ist sohin völlig abwegig und wissenschaftlich in keiner Weise haltbar, vielmehr muss das genaue Gegenteil als erwiesen angesehen werden.[13]

Abschließend sei die Bemerkung erlaubt, dass eine Entfernung der unwahren Behauptungen über Johannes Messner auf der Uni-Webseite mehr als angebracht wäre.


[1] Kroiher, Erik S., „Kritische Reflexion – oder vom politischen Missbrauch der Forschung: pseudo-

wissenschaftliche Politjustiz am Beispiel des Johannes Messner“, in: „Naturrecht und Gesellschaft“ 10/2024, 6-10.

[2] s. https://geschichte.univie.ac.at/de/personen/johannes-messner [1-3-2025]

[3] Johannes Messner, Die soziale Frage der Gegenwart. Eine Einführung. Innsbruck-Wien-                    München 21934.

[4] Wohnout, a.a.O., S. 213-215. Vgl. insbesondere Fußnoten 17 und 18.

[5] ebd., S. 215.

[6] ibid; Johannes Messner: Dollfuß., Wien/Innsbruck/München (1935).

[7] https://geschichte.univie.ac.at/de/themen/kritische-reflexion-der-bisherigen-ehrungen;

 S.1, abgerufen am 28.12.2023.

[8] ÖStA, AdR, BMI/Gauakten, Ord.Z. 2.558 (Johannes Messner).

[9] vgl. ibid; 2.558.

[10] vgl. ibid; 2.558.

[11] ibid; 2.558.

[12] Kroiher, Kritische Reflexion. Vgl. ÖStA, AdR, Bestand des BMU, Personalakt Johannes Messner.

[13] Kroiher, Kritische Reflexion, a.a.O.,  9-10.

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