Dr. Maria Raphaela Hölscher
Im Artikel „Kranke Gesellschaft“ in Die Tagespost[1] stellt Stephan Baier die Frage, ob in der heutigen Gesellschaft psychische Störungen zunehmen oder wir bloß immer mehr verweichlichen. Insbesondere die Auswirkungen des Umgangs mit Internet und Smartphone werden von Fachleuten in dem Artikel beschrieben, im Folgenden einige Aussagen.
Samuel Pfeifer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der Schweiz, bemerkt, dass es in den vergangenen Jahren einen unglaublichen Einschnitt durch das Smartphone gegeben habe. Eine enorme Flut würde auf jeden einprasseln und habe eine Beschleunigung des Lebens bewirkt.
Bei jungen Menschen, die mit diesen Technologien aufwachsen, wäre eine Überforderung bemerkbar, ihr Gehirn wäre auf oberflächliche ständige Kommunikation und Informationsverarbeitung fokussiert, für das reale Leben wäre zu wenig Zeit.
Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff bestätige, dass immer mehr Kinder lernunwillig, rücksichtslos und nur lustorientiert leben würden.
Der Wiener Psychiater, Psychotherapeut und Neurowissenschaftler Raphael Bonelli stellt fest, dass ein Trend zu Oberflächlichkeit, Emotionalisierung und Hysterisierung von Debatten zu verzeichnen sei.
Es stellt sich die Frage, was Johannes Messner zu solch einer gesellschaftlichen Entwicklung sagen und welche Hilfestellungen er empfehlen würde. Antworten finden sich in dem Artikel von Josef Spindelböck „Die Familie in der Naturrechtstheorie Johannes Messners“[2].
Messner stellt die Bedeutung der Familie in den Mittelpunkt als Lern- und Entfaltungsort des Menschen, hier erhält idealerweise ein junger Mensch Unterstützung auf dem Weg, eine Persönlichkeit zu werden.
„So erweist sich die menschliche Familie, welche auf die Ehe zwischen Mann und Frau gegründet ist, als ursprünglicher Lern- und Entfaltungsort des Menschen in seiner Personalisation und Sozialisation. Von Anfang an ist das Kind auf die liebende Annahme durch andere Menschen angewiesen (im Normal- und Idealfall eben zuerst durch die Eltern), um sich entfalten zu können. In der Familie erlernt das Kind die Einsicht in wesentliche sittliche Forderungen, und zwar als Weg zur Selbstverwirklichung; dies jedoch nicht auf egoistische Weise, sondern in der Form der Selbsthingabe aus Liebe.“ [3]
Messner sieht in der Familie die zu verwirklichende Bildung des Wertsinns und des Wertgewissens als entscheidend an, damit Kinder und heranwachsende junge Menschen den Verlockungen einer auf Genuss und Egoismus ausgerichteten Welt widerstehen können.
In der Erfahrung der Liebe innerhalb der Familie gewinne das Kind Einsicht in die elementaren sittlichen Prinzipien wie die „Goldene Regel“ und das Gebot der Nächstenliebe. Die humanen Werte wie die der gegenseitigen Achtung und Liebe, der Ehrlichkeit und Gerechtigkeit, der Wahrhaftigkeit und Treue zueinander, der Sorge und der Opferbereitschaft füreinander, des Einstehens und Arbeitens aller für das gemeinsame Beste würden in der Familie im Mittelpunkt stehen und den Grundbestand der Gemeinwohlwerte bilden. Damit wurzeln in der Familie die menschliche Kultur und auch die Religion.[4]
Eine Antwort Messners auf die heutigen Herausforderungen könnte demnach sein: Lebt ein gutes Miteinander in den Familien, schenkt den Kindern Zeit und ein offenes Ohr und Herz. Bei den eingangs geschilderten Herausforderungen in der heutigen Gesellschaft wird sehr deutlich, wie notwendig das Gespräch in der Familie, das Eingehen auf Kinder und Jugendliche in ihren Fragen und Auseinandersetzungen ist – dies selbstverständlich ebenso in Jugendgruppen und Schule.
Beeindruckend, dass Messner nicht nur wissenschaftliche Abhandlungen über die Bedeutung der Begleitung junger Menschen geschrieben hat, sondern diese als Seelsorger auf eine Art und Weise praktiziert hat, dass noch nach mehr als fünfzig Jahren Menschen mit tiefer Betroffenheit davon berichten.
[1] Die Tagespost v. 22.3.2018, Jhrg. 71, Nr. 12, S. 2-3.
[2] Josef Spindelböck, Die Familie in der Naturrechtstheorie Johannes Messners, in: H. Pribyl, Ch. Machek (Hg.), Das Naturrecht, Quellen und Bedeutung für die Gegenwart, Be&Be – Verlag, Heiligenkreuz 2015, 87-100.
[3] Ebda., 90-91.
[4] Vgl. ebda., 91-92.